Hamburg Geschichten Ida Dehmel
Dehmelhaus, Richard-Dehmel-Straße 1, 22587 Hamburg-Blankenese
Ida Dehmel (* 14.1.1870 in Bingen am Rhein, geb. Coblenz) war als Kunstförderin, Frauenrechtlerin, Weltreisende und Ehefrau und Muse des bekannten Dichters Richard Dehmel eine wichtige Persönlichkeit Hamburgs. Sie gründete den bis heute existierenden Künstlerinnenverband GEDOK und wurde nach dem Tod ihres Mannes zur Nachlasspflegerin des gemeinsamen Blankeneser Künstlerhauses, dem Dehmelhaus.
Die 1870 als Tochter eines Winzers in Bingen am Rhein geborene Ida Coblenz entdeckte schon früh ihre Liebe zur Kunst. Sie ging nach Berlin und wurde mit ihrem Salon am Tiergarten schon früh zu einer wichtigen Unterstützerin für aufstrebende Künstler*innen und Schriftsteller*innen wie beispielsweise für den Dichter Stefan George.
1901 heiratete sie in London den Lyriker Richard Dehmel (*1863), zog mit ihm nach Blankenese und lebte die selbstgewählte Rolle als Künstlergattin und Muse, die ihren Mann immer wieder zu Gedichten inspirierte und auch in allem anderen unterstützte. Ab 1912 lebten Richard und Ida Dehmel als Mittelpunkt eines selbst geschaffenen Gesamtkunstwerks aus Dichterhaus, Mobiliar, Kunstwerken, Archiv und Garten, das zum Treffpunkt für Künstler*innen aus dem In- und Ausland wurde.
Ida Dehmel betrieb eine gefragte Werkstatt für künstlerische Perlarbeiten, trug moderne Reformkleider und auffallenden Schmuck und ließ sich achtmal von der Malerin Julie Wolfthorn portraitieren. Ihr Seelenbruder Alfred Mombert, ebenfalls Dichter, nannte sie damals “die besungenste Frau der neueren Zeit”.
Wie ihre Schwester Alice Bensheimer kämpfte Ida Dehmel in Frauenverbänden für das Wahlrecht und engagierte sich für wohltätige Zwecke. Mit der Gründung des “Frauenbundes zur Förderung deutscher bildender Kunst”, der zeitgenössische Künstler unterstützte und Museen moderne Werke schenkte, konnte sie 1916, zusammen mit der Kunsthistorikerin Dr. Rosa Schapire, ihr politisches Engagement mit ihrer Liebe zur Kunst verbinden. Zehn Jahre später gründete sie schließlich den bis heute existierenden Künstlerinnenverband GEDOK, der seit 1926 Künstlerinnen aller Sparten und Kunstförderer vereint.
1920 starb Richard Dehmel und Ida Dehmel wurde nun zur Nachlasspflegerin des gemeinsamen Künstlerhauses: sie bot Besichtigungen an, sorgte für neue Auflagen von Dehmels Werken, gab eine Briefauswahl heraus und führte das Archiv fort. Mit Dehmelfreunden gründete sie eine Stiftung und eine Dehmelgesellschaft. Das Dehmelhaus erwachte durch gemeinsam mit ihrer Nichte Marianne und deren Mann Dr. Robert Gärtner organisierte Veranstaltungen zu neuem Leben.
Ab 1933 wurden der Jüdin immer mehr Möglichkeiten zu kunstfördernden Tätigkeiten genommen und sie musste schließlich den Vorsitz des von ihr gegründeten Künstlerinnenverbands GEDOK niederlegen. Um Abstand von all dem zu bekommen, entschied sie sich zu einer Seereise auf dem Erholungsreise-Dampfer Oceana. Ganz allein.
„Ich versuche alles außer dem Meer und der Sonne und dem Himmel zu vergessen. Ich habe auch nette Gesellschaft. Wir sprechen prinzipiell nur Harmloses.“
1935 starb ihre Schwester und engste Vertraute Alice Bensheimer. Eine weitere schwerwiegende Zäsur. Dank einer Erbschaft konnte Ida Dehmel die nächste Reise antreten und buchte für den Herbst eine große HAPAG Orient-Fahrt und eine Fahrt durch das westliche Mittelmeer mit der Milwaukee.
Im Januar 1936 brach sie von New York aus an Bord der Reliance zu einer langen Weltreise auf, im März 1937 reiste sie nach Mittelamerika und Westindien und 1938 nochmal um die ganze Welt. Zwischendurch kehrte sie immer wieder ins sich stark verändernde Hamburg zurück – sah dort aber keine Zukunft mehr: Am 29. September 1942 entschied sie sich dazu, krank und entkräftigt, ihrem Leben ein selbstgewähltes Ende zu setzen.